Wintergäste im Garten: Vögel, die aus dem Norden zu uns ziehen
Während viele unserer heimischen Vögel im Herbst gen Süden aufbrechen, um der Kälte zu entfliehen, gibt es auch Arten, die genau den umgekehrten Weg nehmen. Für Vögel, die in Skandinavien, Russland oder arktischen Regionen leben, sind die Winter in Mitteleuropa vergleichsweise mild. In unseren Breitengraden finden sie ausreichend Nahrung und bessere Überlebensbedingungen, weshalb sie bei uns überwintern. Diese „Wintergäste“ bringen Leben in winterliche Landschaften und bieten Naturbegeisterten eine Gelegenheit, seltene oder besondere Arten zu beobachten.
Warum Vögel aus dem Norden bei uns überwintern
Vögel, die in extrem kalten Regionen wie Nordeuropa, Sibirien oder Grönland beheimatet sind, haben mit harten Wintern zu kämpfen, in denen das Nahrungsangebot nahezu vollständig verschwindet. Schnee und Eis versperren den Zugang zu Bodeninsekten und Samen, und Temperaturen unter -30°C sind keine Seltenheit. Um zu überleben, fliegen viele dieser Arten nach Mitteleuropa, wo die Winter zwar kalt, aber deutlich gemäßigter sind.
Für diese Vogelarten ist Mitteleuropa das „Überwinterungsgebiet“ – ein Zufluchtsort, an dem sie Nahrung finden und sich auf die Rückkehr in ihre Brutgebiete vorbereiten können.
Bekannte Wintergäste in Mitteleuropa
Einige der interessantesten Wintergäste, die aus dem Norden bei uns überwintern, sind:
Seidenschwanz (Bombycilla garrulus)
Der auffällige Seidenschwanz mit seiner charakteristischen Federhaube und seinem bunten Gefieder stammt aus Skandinavien und Sibirien. Diese Vögel sind „Invasionsvögel“ – sie kommen nur bei uns, wenn die Nahrungsreserven in ihren Herkunftsregionen knapp sind. Seidenschwänze lieben Beeren, weshalb man sie oft in der Nähe von Ebereschen und anderen Sträuchern beobachten kann, die reichlich Früchte tragen.
Bergfink (Fringilla montifringilla)
Der Bergfink brütet normalerweise in Nordeuropa und weicht im Winter in großer Zahl nach Mitteleuropa aus. Im Vergleich zum heimischen Buchfink erkennt man ihn an seiner orange-schwarz-weißen Färbung. Bergfinken scharen sich häufig in riesigen Schwärmen und sind oft gemeinsam mit Buchfinken unterwegs.
Gimpel (Pyrrhula pyrrhula)
Der Gimpel, auch Dompfaff genannt, ist teils Jahresvogel, teils Wintergast. Er lebt in Skandinavien und Nordeuropa, doch im Winter zieht ein Teil der Population nach Mitteleuropa. Der rote Bauch der Männchen und der weiche, melancholische Ruf machen den Gimpel zu einem besonderen Besucher im winterlichen Garten.
Seeadler (Haliaeetus albicilla)
Der majestätische Seeadler gehört zu den größten Greifvögeln Europas und ist in Nordeuropa heimisch. Im Winter zieht es viele Seeadler aus Schweden und Finnland in die gemäßigteren Gegenden Mitteleuropas, vor allem in die Nähe von großen Gewässern, wo sie fischen können. Durch den harten Winter in ihren Brutgebieten finden sich in unseren Regionen bessere Überlebensbedingungen.
Merlin (Falco columbarius)
Dieser kleine, schnelle Falke brütet in den nördlichen Breiten und ist im Winter häufig in Norddeutschland und Großbritannien anzutreffen. Merline sind an kühlere Temperaturen angepasst, doch in der extremen Kälte des hohen Nordens wird auch ihr Überleben schwer, sodass sie sich nach Süden orientieren.
Was Wintergäste bei uns fressen
Viele Wintergäste kommen in Regionen mit einem hohen Nahrungsangebot. Sie ernähren sich in erster Linie von Beeren, Samen und Früchten, die sie an Sträuchern, Bäumen oder auch in Futterstellen finden. Seidenschwänze bevorzugen beispielsweise Vogelbeeren, die sie oft in großen Gruppen plündern. Der Bergfink sucht in den Wäldern nach Bucheckern, während der Gimpel vor allem auf Samen von Ahorn oder Erle setzt.
Für Greifvögel wie den Merlin und den Seeadler bieten unsere milden Winter die Chance, Beutetiere wie kleine Säugetiere und Fische zu jagen, die im hohen Norden während der kalten Jahreszeit kaum erreichbar wären.
Tipps zur Beobachtung und Förderung von Wintergästen im Garten
Wer die Zugvögel anlocken möchte, kann seinen Garten oder das Umfeld gezielt gestalten:
Pflanzung heimischer Sträucher
Sträucher wie die Eberesche, Liguster, Holunder oder Schlehe sind ideale Nahrungsquellen für die Wintergäste. Diese Pflanzen tragen auch im Winter Früchte und bieten Vögeln Energie, um die kalte Jahreszeit zu überstehen.
Vogelhäuschen und Futterstellen
In einem kalten Winter kann eine zusätzliche Fütterung hilfreich sein. Futterstellen mit Sonnenblumenkernen, Nüssen und getrockneten Beeren werden von den Wintergästen gerne angenommen. Wichtig ist, das Futterhaus regelmäßig zu reinigen, um Krankheiten zu vermeiden.
Ruhige Rückzugsorte schaffen
Hecken und dichte Sträucher bieten Schutz vor Kälte und Raubtieren. Wintergäste schätzen diese Rückzugsorte als Schlafplätze, und sie helfen den Vögeln, Energie zu sparen.
Ein Winterquartier voller Leben
Die Ankunft dieser nordischen Gäste bringt Abwechslung und Vielfalt in den winterlichen Garten. Gerade in der kalten Jahreszeit, wenn viele heimische Arten seltener zu sehen sind, bereichern Seidenschwanz, Bergfink und Co. die Natur um uns herum. Sie erinnern uns daran, wie flexibel das Leben auf der Erde ist und wie es stets Wege findet, den wechselnden Bedingungen zu trotzen. Wer im Winter einen Blick nach draußen wirft, kann also auch in unseren Breiten eine Vielfalt an Vogelarten entdecken – ein lebendiger Kontrast in der stillen Winterlandschaft.
Autorin: Caroline Haller für www.einrichtungsbeispiele.de