Allgemeines zu Bakterien und Anderes (Teil vier)
Nitrifikationsbakterien
Ich beleuchte diese Bakterien mal auf eine weniger bekannte Art und Weise.
Ich hatte ja geschrieben, dass die Nitrifikationsbakterien autotroph sind. Nun, das stimmt in seiner Pauschalität nicht. Nitrifikation findet auch mit Hilfe von heterotrophen Bakterien statt, allerdings fällt in unseren Aquarien den autotrophen Bakterien die grö??te Bedeutung anheim.
Unwichtig sind diese heterotrophen Bakterien allerdings nicht.
Werfen wir mal einen Blick auf diese anderen Nitrifikanten:
- sie stehen in Konkurrenz zu den autotrophen Bakterien
- sie haben eine 5-fach höhere Vermehrungsrate bei günstigen Bedingungen als die autotrophen Bakterien
- Nitrifikation ist ja ein Synonym für Stickstoffkreislauf. Aber immer wenn Stickstoff irgendwie oxidiert wird (nichts anderes passiert ja während der Nitrifikation) entstehen Stickoxide. Bei den heterotrophen Bakterien fallen diese Stickoxide in wesentlich geringerer Konzentration an.
- sie sind in der Lage, auch Kohlenwasserstoffe abzubauen
- sie brauchen für ihre Arbeit wesentlich länger als die autotrophen
- sie können aerob denitrifizieren (Unter Denitrifizierung versteht man ja im Allgemeinen den Abbau von Nitrat über Nitrit zu gasförmigen Stickstoff unter Abwesenheit von Sauerstoff.)
Ist es von Bedeutung ob autotrophe oder heterotrophe Nitrifikationsbakterien im Becken sind?
Autotrophe Bakterien brauchen eine anorganische Kohlenstoffquelle, heterotrophe eine organische.
Welche anorganischen Kohlenstoffquellen gibt es denn im Aquarium? CO2 und Hydrogencarbonat sind da vorhanden. Wenn man sich vor Augen hält, dass CO2 nicht nur für diese Bakterien wichtig ist, sondern auch für die Pflanzen und dass Hydrogencarbonat ein wichtiger Puffer im Becken ist, kann man ich die Frage stellen, ob diese autotrophen Bakterien immer so gut sind für das Aquarium. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass Bakterientätigkeit immer CO2 produziert, zeigen autotrophe Bakterien, dass CO2 auch verbraucht wird.
Also sind heterotrophe Nitrifikationsbakterien grundsätzlich besser? Würde ich auch nicht unterschreiben. Wie oben schon erwähnt, dauert die Oxidation des Stickstoffs wesentlich länger. In stark besetzten Becken oder Becken mit hohem Stickstoffeintrag (reichliche Fütterung) wären sie bestimmt nicht die unbedingt ideale Nitrifikationsmethode.
Nochmal zum Verständnis: Nitrifikation läuft immer über die Stufen Ammonium/ Ammoniak ??? Nitrit- Nitrat ab. Die Oxidationsstufen sind bei beiden Bakterienarten gleich, nur die Energiequelle, die zur Ausübung dieses Vorgangs benötigt wird, ist eine andere: Entweder organischer Kohlenstoff oder anorganischer.
Beide Bakterienarten ergänzen sich, sind aber auch Konkurrenten.
Später geht es hier weiter.
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Weiter geht es:
Nitrifikationsbakterien und Pflanzen
Ich hatte ja schon angedeutet, dass ich die Nitrifikationsbakterien nicht unbedingt als immer nützlich und erwünscht erachte.
Für mich sind Pflanzen einfach ein Muss in meinen Becken, ich mag es halt grün. Und hier kommt ein Problem zu tragen: Stickstoff ist ein unerlässlicher Bestandteil in der Ernährung der Pflanzen. Genauer gesagt: Ammonium. Dies ist die energetisch günstigste und für die Pflanzen bevorzugte Stickstoffquelle.
Nun läuft ja die Nitrifikation über die Stufen Ammonium ??? Nitrit ??? Nitrat ab. Sowohl Pflanzen wie auch Nitrifikationsbakterien sind nun starke Konkurenten in Bezug auf Ammonium.
Da stellt sich die Frage: Wie wichtig sind nun Nitrifikationsbakterien in pflanzenlastigen Becken? Und weiter: Wie wichtig ist überhaupt ein Filter in stark bepflanzten Becken?
Weniger wichtig als die Hersteller uns glauben machen wollen. Ich fahre schon seit vielen Jahren eine Geringfilterung. Das hei??t, ich habe Filter, die weit unterhalb des empfohlenen Beckenvolumens liegen, es sind auch noch Innenfilter und zum allen ??berfluss reinige ich die Filter auch noch wöchentlich, wenn sie eingefahren sind. Da ich immer mit Besatz einfahre und die Pflanzen in den ersten Wochen meistens noch etwas schwächeln (Stichwort: emers gezogen), gebe ich in der ersten Zeit erstmal den Nitrifikationsbakterien die Chance sich zu vermehren, damit meinen Fischen nichts passiert.
Ich weise aber darauf hin, dass dies meine ganz persönliche Art ist, wie ich meine Aquarien betreibe. Ich werde nie behaupten, dass dies der Weisheit letzter Schluss ist und alles andere nicht funktioniert.
Zurück zum Thema. Warum mache ich dies?
Zunächst einmal aufgrund der Konkurrenz Pflanzen ??? Nitrifikationsbakterien.
Aber auch aus einem anderen Grund: Ich muss Stickstoff zudüngen. Mein Stickstoffdünger enthält unter anderem auch Ammoniumsalz. Es ist völlig uneffektiv, Ammonium ins Becken zu kippen und dann einen so leistungsfähigen Filter zu haben, dass das Ammonium in kürzester Zeit zu Nitrit verstoffwechselt wird. Dies ist zwar nicht ganz zu vermeiden und da kommt ein weiterer Grund zum Tagen: Bakterien vermehren sich nur, wenn sie Nahrung haben. Kippe ich nun Stickstoff in Form von Ammonium ins Becken, bedeutet das vermehrte Nahrung auch für die Nitrifikationsbakterien. Zum Dank vermehren sich sich. Und hier setzt auch die wöchentliche Reinigung an. Ich kille damit wissentlich Nitrifikationsbakterien. Dadurch haben die Pflanzen wieder mehr Chancen, Ammonium aufzunehmen.
??brigens ist mein Nitritwert durchgehend n.n. Welchen Anteil daran die Pflanzen haben und welchen Anteil die Nitrifikationsbakterien wei?? ich natürlich nicht.
Es ist ja nicht so, dass Nitrifikationsbakterien sich nur fröhlich im Filtermaterial tummeln. Sie siedeln sich überall an wo sie Nahrung und Platz haben. Ich bin sicher, dass durch die Filterreinigung sich vermehrt Bakterien auf dem Bodengrund etc. ansiedeln. Dort sind sie mir aber etwas lieber als im Filter, da die Nahrungszufuhr langsamer vonstatten geht, als im Filterraum wo in kurzer Zeit viel Wasser umgesetzt wird.
Allerdings reinige ich auch den Bodengrund regelmä??ig. Nicht jede Woche - Stichwort heterotrophe Bakterien, (damit meine ich nicht die heterotophen Nitrifikationsbakterien, komme ich aber später noch drauf zu sprechen).
Nun muss man aber auch sehen, dass Ammonium nicht immer so ganz unproblematisch ist. Bei pH-Werten über 7 wird aus Ammonium Ammoniak und je höher der pH-Wert, desto mehr Ammoniak bildet sich. Ammoniak ist mit so das Giftigste, was man seinen tierischen Bewohnern antun kann.
Da ich mit CO2 dünge (Kohlenstoff ist der wichtigste Nährstoff überhaupt), ist diese Gefahr aber nur sehr gering.
Auch verhindern zu hohe Nitratwerte (ab 5mg/l) die Aufnahme von Ammonium. Von daher ist das Einstellen eines nicht zu hohen Nitratwertes nicht zu unterschätzen, was die Ammoniumaufnahme durch die Pflanzen betrifft.
Die Konkurrenz Pflanzen- Nitrifikationsbakterien ist wie man sieht, ein sehr komplexes Thema.
Meine Erfahrung in den vergangen Jahren ist, dass man der Filterung teilweise viel zu viel Bedeutung beimisst (zumindest in pflanzenlastigen Becken, ich rede ganz bewusst nicht von den meist sehr stark besetzten Ostafrika-Becken mit ihrem mehr als spärlichen oder überhaupt nicht vorhandenen Pflanzenwuchs).
Zudem kommen Bakterien auch manchmal auf dumme Gedanken. Bakterien brauchen eine Proteinquelle. Sie können lernen, sich neue Nahrungsquellen aufzuschlie??en. Eine nette proteinhaltige Nahrungsquelle sind die Chelate in Pflanzendüngern. Bakterien können wirklich lernen, diese Chealte für ihre Ernährung zu nutzen. Die Düngestoffe, die eigentlich für die Pflanzen gedacht waren, verlieren ihren Schutz und fällen aus. Hält man die Nitrifikationsbakterien knapp, hat man die Chance, dass für die anwesenden Bakterien die ???natürliche??? Nahrung ausreicht und sie gar nicht erst versuchen, fremde Proteinquellen zu nutzen.
Schon allein an diesem Thema sieht man, wie vernetzt alles im Aquarium ist. Nie darf man einen Faktor alleine ansehen. Aber aufgrund der Unmöglichkeit festzustellen, was im Becken wirklich passiert, ist es absolut unsinnig zu behaupten dies und jenes muss man machen, sonst geht das Becken den Bach runter. Nur durch Beobachten und ausprobieren wird man den Weg finden können, womit das eigene Becken funktioniert und was es braucht. Erfahrungen anderer Aquarianer können hilfreich sein, müssen aber nicht auf das eigene Becken zutreffen.