Vernalisation: Warum manche Pflanzen erst nach dem Winter blühen
Während einige Pflanzen im Frühling von allein neu austreiben, brauchen andere einen deutlichen Anstoß – und dieser kommt oft in Form von Kälte. Ohne eine Winterphase blühen viele Pflanzen nicht oder treiben nicht aus. Dieses faszinierende Phänomen wird als Vernalisation bezeichnet und ist ein natürlicher Mechanismus, der die Entwicklung von Pflanzen steuert und sicherstellt, dass sie zur richtigen Zeit wachsen und blühen.
Was ist Vernalisation?
Vernalisation ist die Kältebehandlung von bestehenden Pflanzen oder Knospen, die notwendig ist, um Wachstum und Blütenbildung zu fördern. Während die Stratifikation sich auf Samen konzentriert, betrifft die Vernalisation Pflanzen, die bereits verwurzelt sind. Sie hilft mehrjährigen Pflanzen, in den Winterschlaf zu gehen und nach der kalten Jahreszeit mit neuer Energie zu wachsen.
Dieser Prozess ist besonders wichtig für Zwiebelblumen, Obstbäume und Getreidearten. Die Kälteperiode aktiviert Gene und Hormone, die die Blütenbildung fördern und dafür sorgen, dass Pflanzen nicht zu früh im Jahr blühen.
Warum brauchen Pflanzen Kälte zum Blühen?
Pflanzen, die Vernalisation benötigen, haben einen eingebauten Schutzmechanismus. Ohne die Kälteperiode würden sie möglicherweise im Herbst oder zu früh im Frühling blühen – eine riskante Strategie, da Kälteeinbrüche die Blüten zerstören könnten. Durch die Vernalisation wird sichergestellt, dass die Pflanze den Winter abwartet und erst dann blüht, wenn die Temperaturen stabil sind.
Beispiele für Pflanzen, die Vernalisation benötigen
- Zwiebelblumen: Tulpen, Narzissen, Krokusse und Hyazinthen
- Obstbäume: Apfel, Birne, Kirsche und Pflaume
- Gemüse und Getreide: Winterweizen, Karotten, Kohl und manche Rübenarten
Vernalisation im Garten
Um sicherzustellen, dass Zwiebelblumen im Frühjahr blühen, werden sie im Herbst gepflanzt, damit sie über den Winter hinweg die nötige Kälte bekommen. Wer Tulpen oder Narzissen im Frühjahr pflanzen möchte, kann die Zwiebeln vorab für einige Wochen im Kühlschrank lagern. Diese künstliche Vernalisation simuliert den natürlichen Kältereiz und sorgt dafür, dass die Pflanzen wie gewohnt blühen.
Vernalisation - Wenn der Barbarazweig nicht blüht
Am 4. Dezember, dem Gedenktag der Heiligen Barbara, werden Zweige von Obstbäumen – häufig Kirsche, Apfel oder Forsythie – geschnitten und ins Haus gestellt. In eine Vase mit Wasser gesteckt, beginnen diese Zweige bis Weihnachten zu blühen. Das Blühen der Barbarazweige zur Weihnachtszeit wird als gutes Omen betrachtet und ist in vielen Regionen ein fester Bestandteil der Adventszeit.
Blüht der Barbarazweig bis Weihnachten nicht, liegt dies häufig daran, dass die Zweige vor dem Schnitt nicht ausreichend Kälte ausgesetzt waren und die Vernalisation noch nicht abgeschlossen war. Bleibt dieser Kältereiz aus, verweilen die Knospen in ihrer Ruhephase und treiben auch in der Wärme des Hauses nicht aus. In solchen Fällen hilft es, die Zweige für einige Tage in den Kühlschrank zu legen, um den Kältereiz zu simulieren und die Vernalisation nachzuholen.
Stratifikation - Kälte für Samen
Während Vernalisation bestehende Pflanzen betrifft, spielt Stratifikation eine Rolle bei der Keimung von Samen. Besonders Wildblumen und Bäume sind auf diesen Prozess angewiesen. Beide Vorgänge zeigen eindrucksvoll, wie stark sich Pflanzen an ihre Umgebung angepasst haben und wie wichtig Kälte für ihr Überleben und Wachstum ist.
Autorin: Caroline Haller für www.einrichtungsbeispiele.de