Lichtverhältnisse im Wasser / Malawisee
Hallo Ihr Aquarien-Verrückten
Immer wieder wird über die Beleuchtung von Aquarien insbesondere von Malawi-Becken diskutiert. An dieser Stelle möchte ich mal nicht über die verschiedenen Leuchtmittel, Leistungsspektren oder Modifikationen mittels Alufolie und Fliegengitter informieren. Nein, ich möchte Euch hier einige Basis-Informationen über das Verhalten von Lichtwellen im Wasser und die dadurch optisch entstehenden Einflüsse auf das menschliche Auge vermitteln. Anhand dieses Wissens wird die Wahl der Leuchtmittel und der Farbspektren bei der Planung Eurer Becken erheblich vereinfacht.
Das Spektrum von Sonnenlicht umfasst Wellenlängen von 700 Nanometer (infrarot) bis hin zu 380 Nanometer (ultraviolett). Tritt ein Lichtstrahl ins Wasser, wird durch dessen Eigenschaften (z.Bsp. Dichte) ein Teil des Lichtes absorbiert und ein Teil physikalisch reflektiert. Je kürzer die Wellenlänge des Lichtes, desto tiefer dringt dieses ins Wasser ein.
Die Farbe rot kann unter Wasser lediglich bis in eine Tiefe von ca. 5 Metern wahrgenommen werden, orange hält sich bis 10 Meter. Danach werden auch die Farben gelb, grün und blau in der genannten Reihenfolge absorbiert und ab einer Tiefe von knapp über 40 Metern kann nur noch schwarz wahrgenommen werden. Tiefer dringen nur noch ultraviolette Strahlen ins Wasser ein.
Unsere Augen gewöhnen sich unter Wasser sehr schnell an die selektive Absorption der Lichtwellen (Farben) und wir würden glauben, einen roten Fisch auch in 20 Metern Tiefe noch als rot zu erkennen. Dies ist aber lediglich der Fall, weil das äusserst leistungsstarke menschliche Gehirn die ???fehlenden??? Farben selbständig in unserer Wahrnehmung ersetzt.
In der Grafik unten kann die selektive Absorption des Lichtes resp. der Farben in Zusammenhang mit der Wassertiefe entnommen werden. Ich habe für Euch eine Anzahl beliebter Malawi-Cichliden, in Bezug auf die Wassertiefen Ihrer Populationen, direkt in die Grafik übernommen, um auch einen ??berblick über die effektiven Licht- und Farbverhältnisse im natürlichen Habitat Eurer Pfleglinge zu vermitteln.
Der Vollständigkeit halber muss hier auch noch gesagt werden, dass die Beschaffenheit der Sedimente in Bezug auf Absorption und Reflektion ebenfalls einen Enfluss haben, ganz genau wie Schwebeteilchen und Trübungen des Wassers. Diese Einflüsse hier detailliert zu erläutern wäre eine sinnlose und nimmer endende Angelegenheit, weshalb ich davon absehe.
Ein kleines Beispiel zum besseren Verständnis der Grafik:
Populationen von Protomelas taeniolatus wurden in Wassertiefen zwischen 15 und 25 Metern nachgewiesen. In dieser Tiefe sind rote und orange Farbanteile bereits komplett absorbiert. Gelb dringt gerade noch so durch. Im Habitat dieser Art dominieren als grüne und blaue Farbanteile.
Bei der Planung der Aquarien-Beleuchtung ist hier also zu berücksichtigen, dass einerseits weniger Licht benötigt wird (dunkel) und, dass die zu wählenden Leuchtmittel keine roten und orangen Farbanteile enthalten.
Für die Haltung von Lethrinops marginatus, Placidochromis electra und Sciaenochromis fryeri, welche alle drei in Tiefen zwischen 5 und 25 Metern beobachtet wurden, wäre also ein Mittelwert empfehlenswert. Das würde bedeuten, ein Leuchtmittel ohne Rot-, sehr geringen Orange- und dominanten Gelb-, Grün- und Blau-Anteilen wäre hier die richtige Wahl.
Aussagen, dass die Sonne über dem Malawisee besonders stark sei und auch in tiefere Wasserregionen vordringen würde, sind nur bedingt richtig. Korrekt ist, dass die Sonnenstrahlen in Aequator-Nähe in einem steileren Winkel auf die Erde resp. das Wasser auftreffen und das Licht somit beim Auftritt weniger stark gebrochen wird als bei uns in Zentral-Europa ??? trotzdem werden aber die verschiedenen Lichtwellen unter Wasser Schritt für Schritt absorbiert. Die in der Grafik definierten Eindringtiefen basieren auf den Werten im Malawisee und weichen dadurch ein wenig von europäischen Angaben ab.
Ich wünsche Euch viel Spass beim Studium meiner Grafik und bei der eventuellen Planung Eurer Aquarien-Beleuchtung :-)
Nachtrag 17.10.2010
Das oben gemachte Beispiel 2 mit dem Lethrinops-, Placidochromis- und Sciaenochromis-Besatz entspricht meinem persönlichen Becken. Um die aus den Beschreibungen resultierende aquaristische Umsetzung der Lichtverhältnisse aufzuzeigen, habe ich eine zweite Grafik mit den Leuchtwerten der von mir eingesetzten Leuchtmittel erstellt und hier für Euch eingerfügt.
Nachtrag 18.10.2010
Je nach Einfallwinkel und somit je nach aktuellem Sonnenstand ändert sich die effektive Wassertiefe bis zur Absorbation der verschiedenen Lichtwellen. Die neue Grafik (unten) zeigt auf, wie sich das Verhalten z.Bsp. oranger Lichtwellen im Wasser verändert, wenn die Sonne in einem flacheren Winkel steht. Die gezeigte Grobberechnung kann helfen, das Beleuchtungszenario während Randzeiten zu definieren.
Nachtrag 21.10.2010
Ich habe die Leuchtspektren verschiedener, häufig in Malawi-Becken genutzter Leuchtstoffröhren zusammengesucht und für Euch in 9 übersichtlichen Grafiken dargestellt. Zusätzlich findet Ihr auf jeder "Tafel" eine schriftliche Erklärung.
PS: solltet Ihr Euch für weitere Röhren-Typen interessieren, erstelle ich deren Grafiken sehr gerne. Einfach eine Meldung mit genauer Typen-Bezeichnung an mich :-)
lG Silvan