Lungenfische - Die erstaunlichen Überlebenskünstler der Evolution
Lungenfische (Dipnoi) sind wahre Relikte der Erdgeschichte. Diese faszinierenden Tiere haben sich seit über 400 Millionen Jahren kaum verändert und stellen eine Verbindung zwischen Fischen und den ersten landlebenden Wirbeltieren dar. Ihr bemerkenswertes Atemsystem und ihre außergewöhnlichen Überlebensstrategien machen sie zu einzigartigen Lebewesen.
Lungenfische existieren seit dem Devon-Zeitalter, also lange bevor Dinosaurier die Erde beherrschten. Fossilienfunde belegen, dass ihre Vorfahren einst in Meeren lebten, bevor sie sich an Süßwasser anpassten. Während früher zahlreiche Arten existierten, sind heute nur noch sechs Arten bekannt, die in Afrika, Australien und Südamerika vorkommen. Diese lebenden Fossilien sind ein wichtiges Bindeglied in der Evolution der Landwirbeltiere.
Atemtechnisch doppelt abgesichert
Das auffälligste Merkmal der Lungenfische ist ihre Fähigkeit, sowohl über Kiemen als auch über eine Lunge zu atmen. Besonders afrikanische und südamerikanische Lungenfische sind auf ihre Lunge angewiesen, da sie in sauerstoffarmen Gewässern leben. Der australische Lungenfisch (Neoceratodus forsteri) nutzt dagegen hauptsächlich seine Kiemen, kann aber bei Bedarf auch Luft atmen. Diese doppelte Atmung ermöglicht es den Fischen, in extremen Umweltbedingungen zu überleben, in denen andere Fische ersticken würden.
Die Lunge der Lungenfische ähnelt in ihrer Struktur der Lunge von Amphibien und ermöglicht ihnen eine effektive Sauerstoffaufnahme aus der Luft. Dies gibt Wissenschaftlern Hinweise darauf, wie sich die Atmungsorgane früher Wirbeltiere entwickelt haben könnten.
Überleben in der Trockenzeit – Die Aestivation
Eine der erstaunlichsten Strategien von Lungenfischen ist die sogenannte Aestivation. In Trockenzeiten, wenn Gewässer austrocknen, graben sich afrikanische Lungenfische in den Schlamm ein, um dort monatelang – in Extremfällen sogar Jahre – in einer Art Sommerschlaf zu überdauern. Sie verlangsamen ihren Stoffwechsel auf ein Minimum und atmen ausschließlich durch ihre Lunge. In dieser Zeit ernähren sie sich von ihren eigenen Muskelreserven und scheiden ein schleimiges Sekret aus, das sie vor Austrocknung schützt. Sobald es wieder regnet, erwachen sie aus ihrer Starre und kehren in ihr gewohntes Leben zurück.
Dieses Phänomen zeigt eindrucksvoll, wie stark Lungenfische an extreme Umweltbedingungen angepasst sind und gibt Evolutionsbiologen wertvolle Einblicke in die Mechanismen des Überlebens.
Fortbewegung auf vier Flossen
Lungenfische haben keine klassischen Fischflossen, sondern eher beinähnliche Flossen, mit denen sie sich über den Boden fortbewegen können. Dies hat sie zu einem wichtigen Studienobjekt der Evolutionsbiologie gemacht, da sie zeigen, wie sich die ersten Wirbeltiere möglicherweise an das Leben an Land angepasst haben. Besonders südamerikanische und afrikanische Lungenfische können sich durch schlammige Gebiete „kriechen“, indem sie ihre Flossen ähnlich wie primitive Beine nutzen.
Einzigartige Ernährung und Lebensweise
Diese urtümlichen Fische sind Allesfresser. Ihre Nahrung besteht aus Würmern, Krebsen, Schnecken und kleinen Fischen. Manche Arten fressen auch Pflanzenmaterial. Sie sind meist Einzelgänger und leben in langsam fließenden oder stehenden Gewässern mit schlammigem Untergrund. Aufgrund ihres ruhigen Wesens können sie in großen Aquarien gehalten werden, benötigen aber sehr viel Platz und eine spezielle Pflege.
Interessanterweise haben Lungenfische eine sehr lange Lebenserwartung. Australische Lungenfische können über 80 Jahre alt werden, was für Fische außergewöhnlich ist. In Gefangenschaft lebte eines dieser Tiere sogar mehr als 90 Jahre lang, was es zu einem der ältesten bekannten Fische machte.
Haltung von Lungenfischen im Aquarium
Lungenfische sind zwar faszinierende Tiere, stellen aber hohe Anforderungen an die Haltung. Da sie sehr groß werden können – der australische Lungenfisch erreicht beispielsweise eine Länge von über einem Meter – benötigen sie äußerst geräumige Aquarien. Ein Becken von mindestens 1000 Litern wird für ausgewachsene Tiere empfohlen.
Wichtige Aspekte der Haltung:
- Wasserwerte: Lungenfische sind an sauerstoffarme, stehende oder langsam fließende Gewässer angepasst und benötigen keine starke Strömung. Die Wassertemperatur sollte je nach Art zwischen 22 und 28 °C liegen.
- Atmungsmöglichkeiten: Da sie regelmäßig Luft holen müssen, darf das Aquarium nicht komplett abgedeckt sein, sodass sie problemlos an die Wasseroberfläche gelangen können.
- Einrichtung: Der Bodengrund sollte weich sein, um Verletzungen zu vermeiden. Versteckmöglichkeiten in Form von Höhlen oder Wurzeln sind vorteilhaft.
- Vergesellschaftung: Lungenfische sind Einzelgänger und können gegenüber Artgenossen oder anderen Fischen aggressiv werden. Eine Einzelhaltung ist daher empfehlenswert.
- Fütterung: Die Fütterung ist unkompliziert, da sie eine breite Palette an Futter akzeptieren – von lebenden Beutetieren über Frostfutter bis hin zu speziellen Pellets.
Aufgrund ihrer Größe und Langlebigkeit sind Lungenfische keine geeigneten Aquarienbewohner für Anfänger. Wer sich jedoch intensiv mit ihrer Haltung beschäftigt und ihnen den nötigen Platz bieten kann, wird mit einem faszinierenden Einblick in eine der ältesten Fischgruppen der Erde belohnt.
Ein Fenster in die Vergangenheit
Lungenfische sind nicht nur faszinierende Kreaturen, sondern auch lebende Fossilien, die Wissenschaftlern helfen, die Evolution von Wasser- zu Landtieren besser zu verstehen. Ihre einzigartigen Überlebensstrategien machen sie zu einem der erstaunlichsten Beispiele für Anpassungsfähigkeit in der Natur. Ihre Existenz erinnert uns daran, wie sich das Leben über Millionen von Jahren verändert und angepasst hat – und dass einige Arten dabei nahezu unverändert geblieben sind.
Autorin: Caroline Haller für www.einrichtungsbeispiele.de