Interview mit Günther Lange, Medaka Gesellschaft Deutschland
Hallo Günther! Schön, dass wir Dich für EB interviewen dürfen. Du hattest heuer ein aufregendes Jahr. Seit heuer gibt es jetzt auch in Deutschland einen Medaka-Verein. Würdest Du uns erzählen, wie es dazu kam?
Vielen Dank für die Einladung zum Interview, Helga! Es war tatsächlich ein sehr spannendes Jahr. Von der Idee einen Medaka-Verein zu gründen bis hin zur Umsetzung und den ersten Schritten des Vereines gab es sehr viel zu tun. Vor ein paar Jahren war der Medaka in Deutschland noch nahezu unbekannt, sodass ich es für eine gute Idee hielt, ihn mit einem Verein allgemein bekannter zu machen. Aber das ist ja alles erst nur ein kleiner Anfang.
Auch wenn Ihr noch einen Weg vor Euch habt, ist es bemerkenswert, was Ihr bisher geschafft habt. Apropos Anfang - wie waren so Deine Anfänge in der Aquaristik und wie bist Du schließlich zum Medaka gekommen?
Die ersten rot-weißen japanischen Reisfische, die Medaka genannt werden, habe ich erst im Winter 2017/2018 durch einem langjährigen "Fischfreund" kennengelernt und fand sie gleich interessant. Abgeschreckt hatte mich zuerst die offenbar umständliche Vermehrung über Eier, weil ich seit jeher fast ausschließlich lebendgebärende Fische gezüchtet hatte.
Mein erstes 160 Liter Aquarium bekam ich 1998. Auf den Betrieb dieses Beckens habe ich mich drei Jahre intensiv vorbereitet. Ich hatte seit der Grundschule verschiedene Nagetiere und durfte parallel nicht noch ein neues Hobby beginnen. Meinen Eltern musste ich damals erst beweisen, dass ich es ernst meinte. Nachdem ich mein Bücher-Wissen im Aquarium einer befreundeten Familie und im Schulaquarium erfolgreich anwenden konnte und den vorgegebenen Notendurchschnitt auf dem Halbjahreszeugnis unterboten hatte, wurde ich mit einem Großeinkauf in einem Aquaristik-Großgeschäft belohnt. Der Tipp kam von einem Bekannten, der professionell Zierfische züchtet. Wir mussten zu dem Geschäft allerdings eine Stunde fahren. Zu dem 1m-Becken kamen bald noch zwei kleine Vollglasbecken hinzu und ein 80er der Nachbarn, welches ich später noch geteilt habe. In den ganzen Becken habe ich dann versucht aus den wenigen lokal erhältlichen Zierfischen neue Zuchtformen heraus zu züchten und die Charakteristika neu zu kombinieren.
Zu einer Zwangspause kam es etwas später in einer 20m²-Studentenwohnung, doch nach drei Jahren "Abstinenz" gab es dann in der nächstgrößeren Wohnung mit meiner Frau zusammen wieder Fische und Wirbellose.
Wer sich über Medaka informieren möchte oder sich für die Gesellschaft interessiert, für den gibt es gleich eine tolle Gelegenheit. Ihr habt kommendes Wochenende, von 2. bis 4. November 2018 in Osnabrück einen Workshop. Worum geht es da und kann man sich noch anmelden?
Wer sich über den Medaka ein bisschen einlesen möchte, dem empfehle ich unsere Vereinshomepage (A.d.R: Link unten), auf der wir nach und nach immer mehr Informationen zum Japanischen Reisfisch hochladen. Bis die Wissenssammlung dort einen großen Umfang annimmt kann man schnell auch in unserer Facebook-Gruppe und Seite weitere Informationen bekommen. Facebook-Gruppen wie "Medaka in Deutschland" und "medaka.eu." sind ebenfalls zu nennen. In den großen Gruppen ist die Wissenssuche allerdings etwas umständlich, aber mir hat das am Anfang sehr gut geholfen. Online-Suche macht auf Dauer nicht glücklich und viele Interessierte nutzen auch kein Facebook, sodass wir unseren Schwerpunkt auf Real-Life-Veranstaltungen legen und außer der Gründungsveranstaltung am 5. August 2018 uns nun über das ganze erste November-Wochenende in Osnabrück treffen. Zur Teilnahme muss man kein Vereinsmitglied sein, ausreichendes Interesse am Medaka reicht aus. Wenn man sich in einer Gruppe gegenübersitzt und miteinander unterhält, kann man viel schneller Informationen austauschen und effektiver etwas lernen, was -mich einbegriffen- alle noch machen müssen, die sich außerhalb von Japan mit dem Medaka beschäftigen.
Hauptschwerpunkt der Veranstaltung wird sein, dass wir uns die vielfältigen Farbschläge des Medakas detailliert ansehen und zusammen die unterschiedlichen Charakteristika aufgliedern, ehe wir dann eine Art Katalogisierung anfangen, wie sich die einzelnen Farben denn überhaupt unterscheiden und vor allem was die japanischen Namen diesbezüglich überhaupt bedeuten. Da die von Japan ankommende "Medaka-Welle" in Europa mittlerweile von Südeuropa nach Deutschland geschwappt ist, gibt es aufgrund der verschiedenen Sprachen ein für Anfänger undurchsichtiges Wirrwarr an Farbneologismen.
Um die Farben und deren Vererbungslehre besser zu verstehen werde ich ein -oder bei Bedarf auch mehrere- Genetik-Tutorials an den zweieinhalb Tagen abhalten, so dass im Ergebnis jeder Jung-Züchter bei Kreuzungsversuchen hoffentlich nicht gleich den Kopf hängen lässt, wenn die Fische in den ersten Generationen doch anders aussehen als erhofft. Farben selbst zu kreieren oder zu kombinieren macht Spaß und ist deutlich günstiger und Fisch-schonender als die Fische aus Japan einfliegen zu lassen.
Es gibt inzwischen vielfältige Farben des Medaka in Deutschland und Friedrich Bitter ist diesbezüglich aktuell die beste Quelle in Deutschland und wird auf Vorbestellung auch Fische zum Sonderpreis am Samstag mitbringen. Leider haben wir im Veranstaltungsraum nur 14 Sitzplätze, sodass man sich bei mir verbindlich anmelden muss. Für Freitagabend und Sonntag sind noch mehr Plätze verfügbar, als für den Samstag.
Ja, man bemerkt es in Aquarianer-Kreisen sofort - der Medaka wird immer beliebter. Was gefällt Dir an diesen kleinen Fischen so sehr, dass Du auf die Idee gekommen bist, die Medaka Gesellschaft zu gründen? Und wie sieht so eine Gesellschaft eigentlich aus?
Mir gefällt seine Anspruchslosigkeit und genetische Vielfalt. Wohl auch aufgrund der Länge um die 4cm und des geringen Platzbedarfs erfreuen sich die bunten Fische dieser großen Beliebtheit.
Er ist trotz der Vermehrung über Eier sehr leicht zu züchten und in der Außenhaltung ein idealer Mückenlarven-Vernichter, weshalb man ihn in Japan außerhalb der Behälter von Fisch-Interessierten auch als "Nutztier" in Seerosen- und anderen Wasser-Gefäßen sieht.
Besonders interessant ist auch die mit einer Lupe gut beobachtbare Embryonalentwicklung im Ei, sodass hier eine gute Möglichkeit besteht, den Medaka und seine Eier z.B. im Biologie-Unterricht an Schulen einzusetzen um die graue Theorie etwas aufzulockern und so auch als erwünschten Nebeneffekt wieder mehr junge Leute für unser Hobby zu begeistern.
Da es, wie oben erwähnt für Anfänger schwer sein kann, an gesammelte Informationen über den Medaka zu kommen und auch kaum jemand auf Facebook schnell und 100%ige Aussagen zur wahren Bedeutung der japanischen Originalbezeichnungen treffen kann und das Online-Leben ohnehin eine zu große Bedeutung hat, habe ich die rhetorische Anspielung von Axel Eywill in seiner Facebook-Gruppe Anfang Mai diesen Jahres als Anstoß gesehen, den Aufbau der ersten gemeinnützigen Organisation für den Medaka außerhalb von Japan anzugehen.
Axel Eywill hat in den letzten Jahren sehr viel Werbung für den teilweise noch unbekannten japanischen Reisfisch durch Vorträge auf Aquaristik-Events und in Vereinen gemacht, sowie online viel Arbeit in die Bekanntmachung des Medakas gesteckt. Ohne sein Engagement wäre "Medaka" vielerorts immer noch ein Fremdwort in Deutschland.
Den Namen "Medaka Gesellschaft Deutschland" habe ich gewählt um meinen eigenen Anspruch, wissenschaftlich fundiertes Wissen zugänglich zu machen, auch im Vereinsnamen zu zeigen. Da der Medaka auch ein beliebtes Tierversuchsobjekt ist, gibt es unzählige japanische und englischsprachige Veröffentlichung über den Fisch selbst oder mit dem Fisch als Modellorganismus zur Erforschung von Krankheiten. Wir als gemeinnütziger Verein konzentrieren uns allerdings selbstverständlich auf die Fakten, die für Teich- und Aquarienbesitzer und Medaka-Züchter relevant sind.
Was machst Du sonst, wenn Du nicht mit Deinem Hobby beschäftigt bist? Und hast Du noch andere Tiere?
Das Hobby der Aquaristik hat seit Abschluss meines Studiums zeitbedingt sehr gelitten, aber durch eine berufliche Umorientierung habe ich inzwischen wieder geregeltere Arbeitszeiten und auch genügend Zeit gefunden, um mich mit den Fischen und vor allem mit dem Aufbau des Vereines zu beschäftigen. Für die Medaka-Zucht habe ich extra eine 35m² Fläche angemietet, wo ich im nächsten Frühjahr die Ausgestaltung der Terrasse fertig stellen und diese mit Medaka-Bottichen füllen werde. Da meine Frau denkt, die Terrasse sei eine Erholungszone für die gesamte Familie, werde ich auch "den Schein wahren" und jeden Bottich schön verkleiden und mit schönen Teichpflanzen versehen. Genügend Bambusstauden und Terrakotta-Figuren stehen schon bereit, um einen kleinen japanischen Garten zu gestalten.
Ansonsten kann ich beim Yoga oder den regelmäßigen Spaziergängen mit unseren beiden französischen Bulldoggen gut vom Job abschalten oder helfe meinem Kind bei den Hausaufgaben oder der Pflege der Ratten und des Kampffisches.
Zurück zur Medaka Gesellschaft - kann hier jede/r Mitglied werden? Was macht die Medaka-Gesellschaft, welche Ziele verfolgt sie?
Prinzipiell kann jede/r Mitglied werden, der möchte und der sich mit unseren Zielen identifizieren kann. Diese sind ausführlich auf unserer Homepage und in unserer Satzung formuliert.
Ein Verein lebt vom Mitmachen und dem Interesse und der Beteiligung des Einzelnen. Wer zu allererst fragt was die Vorteile einer Mitgliedschaft wären, ist vielleicht nicht unbedingt richtig im Vereinsleben. Ein materielles Benefit wird man in der Vereinsarbeit kaum herausrechnen können, wenn man die investierte Zeit als aktives Mitglied, die man zur Anreise zu Veranstaltungen, mit netten Gesprächen unter Gleichgesinnten und zur Zucht der Fische im Rahmen von vereinsinternen Zuchtprojekten gegenrechnet. Bei unserer Gründungsveranstaltung kamen Medaka-Freunde aus fünf Bundesländern zusammen, um sich in einer sehr angenehmen Atmosphäre über ihre Erfahrungen mit dem Japanischen Reisfisch auszutauschen.
Die Medaka Gesellschaft Deutschland wird Mitglied im VDA (Verband Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarien-Kunde) werden und jedes Mitglied kann die Vorteile des Verbandes nutzen. Materielle Vorteile ausschließlich für Vereinsmitglieder sind steuerrechtlich kaum möglich, doch man kann Teil einer größer werdenden Gemeinschaft werden, die dann nach Gründung von Regionalverbänden auch dem Einzelnen mit regelmäßigen Vereinsveranstaltungen wie Börsen, Ausstellungen und Bewertungs-Schauen zu Gute kommen wird.
Der aktuelle Beitrag für eine Vollmitgliedschaft beträgt nur 4 € im Monat und kann im Rahmen der Mitgliederversammlungen auch nach unten korrigiert werden, wenn es das Vereinsbudget zulässt. Das Budget fließt in die Organisation von Veranstaltungen und vielleicht ist es schon 2019 oder 2020 möglich, Deutschlands erste Medaka Show zu organisieren.
Fisch-(Groß) Händler oder Firmen können, sofern sie nicht parallel dies auch noch als richtiges Hobby betreiben, nur als Fördermitglieder in den Verein aufgenommen werden und haben dann kein eigenes Stimmrecht bei Vereinsversammlungen.
Wir sind schon wieder am Ende des Interviews angelangt. Doch die Frage auch an Dich - was wäre Dir wichtig hier noch zu erwähnen? Gibt es vielleicht etwas, das Du zur Medaka-Gesellschaft oder zur Zukunft der Aquaristik allgemein erwähnen möchtest?
Da unser Verein sich auf dem gesamten deutschsprachigen Gebiet organisiert finde ich die Kooperation mit lokalen Aquaristik-Vereinen wichtig. Wir hoffen auf deren Unterstützung bezüglich Räumlichkeiten und Ausstattung, mit der wir vor allem in der Anfangsphase besser agieren könnten, was Ausstellungen und Börsen angeht.
Bezüglich des Erfahrungsschatzes finde ich die Zusammenarbeit mit der DKG (Deutsche Killifisch Gemeinschaft) sehr fruchtbar und wichtig, da es hier Medaka-Experten gibt, die sich schon vor Jahren mit den verschiedenen Reisfisch-Arten allgemein beschäftigt haben, bevor der japanische Reisfisch überhaupt ab den 2000er Jahren in seiner Zuchtformvielfalt ein richtig begehrtes Schmuckstück für den Miniteich oder das Aquarium geworden ist.
Da die Zeit für dieses Interview leider schon zu Ende ist und manche Leser sicherlich noch mehr Informationen zum Japanischen Reisfisch und zur Medaka Gesellschaft haben möchten, kann ich nur recht herzlich einladen bei unserem Stand auf der InterKoi & Aquaristik im Mai 2019 in Kalkar vorbeizuschauen und mit uns persönlich ins Gespräch zu kommen. Wir freuen uns, viele der Leser dort persönlich zu treffen.
Vielen Dank für das Interview! Ja, der Medaka wird auch in Europa seine Kreise ziehen und sich großer Beliebtheit erfreuen. Dies steht wohl schon fest und die Anfänge sind mit der Medaka Gesellschaft erfolgreich getätigt worden. Wir wünschen Euch alles Gute und viel Kraft für die kommenden Jahre. Toll, dass Ihr Euch so engagiert und so viel Zeit in den Aufbau steckt. Das ist nicht selbstverständlich!
Die Homepage der Medaka Gesellschaft:
https://www.medaka-gesellschaft.de/
Link zur Facebook-Seite und -Gruppe der Medaka Gesellschaft:
www.facebook.com/medaka.community und www.facebook.com/groups/medaka.community
Helga Kury für www.einrichtungsbeispiele.de