Interview mit Autor Hans Georg Evers
Hallo Hans Georg! Vielen Dank, dass wir Dich für Einrichtungsbeispiele.de interviewen dürfen. Du kommst eben von einer Reise zurück. Gleich die Frage vorweg - wo bist Du gewesen, was war der Zweck der Reise und was hast Du dort erlebt?
Ich komme gerade aus Zentralbrasilien zurück. Ich war dort auf Einladung der Universität von Coxim, Mato Grosso do Sul. Wir haben zwei Expeditionen an den oberen Rio Araguaia und den oberen Rio das Mortes durchgeführt, auf der Suche nach Aspidoras-Arten. Diese Arten wurden nur einmal, vor etwa 20 Jahren, für die Erstbeschreibung gesammelt und wir benötigten Material für die Museumssammlung bzw. Lebendfotos für mein aktuelles Buchprojekt.
Viele kennen Dich als Chef-Redakteur der Zeitschrift AMAZONAS. Wie kam es dazu und was gefällt Dir an dieser Arbeit?
Ich habe den Posten des Chefredakteurs der AMAZONAS zum 1.Januar 2018 abgegeben. Davor habe ich diese Zeitschrift 13 Jahre lang betreut und von den "Kinderschuhen" an zur weltweit führenden Aquaristik-Zeitschrift gemacht. Wir haben zweitweise eine italienische und russische und seit 2012 auch eine englische Ausgabe und sind somit über den gesamten Erdball erhältlich. Da ich diese Tätigkeit neben meinem Beruf als Logistiker sozusagen in meiner Freizeit ausgeübt habe, hatte ich eine 7-Tagewoche, 13 Jahre lang. Irgendwann sind die Kräfte aufgebraucht. Dazu haben mich familiäre Änderungen (die ersten Enkelkinder sind da!) daran erinnert, dass es auch ein Leben neben der Aquaristik gibt. Immerhin pflege ich noch etwa 50 Aquarien. Die Aufgabe als Chefredakteur der AMAZONAS war jedoch immer eine Riesenfreude. Es hat sehr viel Spaß gemacht, eine Zeitschrift zu erschaffen, die genau das Herz der Praktiker trifft und nicht nur "Blabla" und bunte Bildchen produziert. Wir haben Unmengen von Erstzuchtberichten veröffentlicht, massenweise Material zu ungewöhnlichen und neuen Fischen, usw. Ich bin auch jetzt noch immer am Geschehen und schreibe als Beirat weiterhin für die deutsche Ausgabe. In der amerikanischen Ausgabe betreue ich als Editor-At-Large sogar eine eigene Kolumne.
Ich kann nur zustimmen, die AMAZONAS ist eine sehr beliebte Zeitschrift und in Aquarianer-Kreisen immer begehrt. Doch nun zu Dir und Deinen Anfänge in der Aquaristik. Wie bist Du zum Hobby gekommen?
Ich habe als Zehnjähriger mit Guppys und Buntbarschen (Pelvicachromis pulcher) begonnen. Mit 13 hatte ich in meinem Zimmer alles voller Aquarien, ein Bett und einen kleinen Schrank. Damals waren es zunächst afrikanische Cichliden (Westafrika und Tanganjika-Zwerge). Später kamen dann die Welse, Harnischwelse und Panzerwelse, hinzu.
Was sind Deine großen Interessens-Gebiete? Welche Arten faszinieren Dich am meisten? Was hältst Du zuhause?
Ich pflege derzeit etwa 50 Aquarien und züchte viel. Für mich ist das die schönste Sache, die erfolgreiche Nachzucht! Mein Hauptgebiet sind nach wie vor südamerikanische Welse. Daneben interessieren mich klein bleibende Salmler momentan sehr. Ich habe auch ein Faible für Regenbogenfische, die ich auf eigenen Expeditionen nach Neuguinea teilweise entdeckt habe. Es ist ein buntes Sammelsurium, und ich nehme auch hin und wieder andere Arten mit auf, wenn sie mich besonders interessieren. Ich liebe alle Fische und interessiere mich auch nach über 40 Jahren Aquaristik brennend für diese faszinierenden Wesen. Das nennt man wohl Leidenschaft.
Du bist also schon viel "auf der Welt herum gekommen" und hast bestimmt ein recht übersichtliches Bild, was die Situation unseren Planeten betreffend und die noch intakte Umwelt speziell im Bereich angeht. Was kannst Du uns davon berichten?
Auch wenn es hart klingt: der Zug ist abgefahren! Es gibt kaum noch unberührte Ecken. Überall ist der Mensch aktiv und zerstört, beutet aus und hinterlässt Asche und Zerstörung. Manchmal denke ich, ich gehöre zur letzten Generation von Reisenden, die noch die volle Schönheit unberührter Natur erleben durften. Wenn ich an meine Enkel denke, so hoffe ich für sie, dass sie vielleicht auch wenigstens einmal so wundervolle Erlebnisse in einer intakten Umwelt haben werden wie ich es durfte. Dazu müssen wir aber endlich einmal aufwachen und nicht nur reden, sondern auch etwas tun. Die momentane weltpolitische Entwicklung mit ignoranten Regierungen lässt jedoch das Schlimmste befürchten. Was gerade in Brasilien passiert ist der absolute Horror. Aber wir machen ja auch in Deutschland und Österreich immer wieder dieselben Fehler, gewollt und rein gewinnorientiert. Auch unsere Natur bleibt auf der Strecke, obwohl wir alle mehr als genug zu essen haben und nicht aus wirtschaftlichen Nöten heraus die letzten Wälder vernichten.
Du hältst immer wieder Vorträge. Welche Themen behandelst Du und wie suchst Du diese aus?
Wenn ich besonders schöne Ecken bereise, dann mache ich gern Reiseberichte, allerdings sehr zielgerichtet auf die Lebensräume und Beschaffenheit der Biotope. Das hilft den Aquarianern, Ideen selbst zu entwickeln und zum Wohl der Pfleglinge die artgerechten Einrichtungen ihrer Aquarien zu entwickeln.
Ich besuche aber auch Profizüchtereien und züchte selbst sehr viel. Darüber berichte ich ebenfalls gern. Besonders die erfolgreiche Nachzucht einiger Seltenheiten und auch recht ungewöhnliche Vorgehensweisen einiger Züchter interessieren die Aquarianer.
In meinem Heimatverein in Hamburg, der Regionalgruppe NORD der IG BSSW halte ich jedes Jahr zu Weihnachten einen Rückblick aufs Jahr. Da kommen dann alle Highlights zusammen. Ein bunter Teller, sozusagen.
Wir sind schon bei der letzten Frage angelangt... Was ist Dir noch von Bedeutung? Gibt es etwas, sei es über Aquaristik oder Terraristik, das Dir wichtig wäre zu erwähnen?
Ich hatte im Juni 2018 die Ehre vor einem internationalen Publikum von Fischereiwissenschaftlern und Biologen in Norwich (England) einen Vortrag über die Nachhaltigkeit im internationalen Zierfischhandel zu halten. Daraus ist auch ein wissenschaftlicher Artikel geworden, der im renommierten Journal of Fish Biology erscheinen wird. Das ist eine sehr schöne Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen, dass Aquarianer keineswegs die "Tierverbraucher" sind, wie einige pathologisch uninformierte "Tierschützer" es lauthals proklamieren. Noch dazu kann die Zusammenarbeit von Aquarianern und Wissenschaftlern beiden Seiten sehr nützlich sein. Wer findet denn schließlich all die tollen Erkenntnisse über die Biologie der Fische und anderen Pfleglinge heraus und berichtet auch darüber? Das sind doch in erster Linie die Aquarienfreunde! Ernsthaft betriebene Aquaristik ist eine sehr volksnahe Möglichkeit, sich mit der Natur zu beschäftigen. Ein leidenschaftlicher Aquarianer ist immer auch Naturfreund und interessiert sich eher für naturschützerische Belange, als jemand, der keine Tiere hält. Man muss keine 50 Aquarien haben, um das zu begreifen.
Vielen Dank für das Interview und Alle Gute weiterhin!
Sehr gern, hat mir Spaß gemacht!
Hier seien noch zwei Links genannt zur Zeitschrift AMAZONAS:
https://www.amazonas-magazin.de/
https://www.ms-verlag.de/magazine/amazonas
Helga Kury für www.einrichtungsbeispiele.de