AUFRUF: 2007, das Jahr der Viktoriasee-Cichliden?
Alle Texte sind aus der Feder von Axel Böhner
Hallo,
wie ihr vielleicht schon gelesen habt, haben Manfred und Olli die Idee geboren, dass wir forenübergreifend etwas für die Erhaltung der Viktoriasee-Cichliden in unseren Aquarien tun sollten.
Vielleicht hat der eine oder andere von euch vor Kurzem den Film "Darwins Alptraum" gesehen und hat von daher schon einen Eindruck, was im Viktoriasee vor sich geht. Falls nicht, zunächst nur im Telegrammstil: Im Viktoriasee lebten bis zu1000 Buntbarscharten. Seit aber in den 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts der Nilbarsch in dem See ausgesetzt wurde, hat der unter den einheimischen Cichliden fürchterlich gewütet und einen gro??en Teil der Arten vernichtet.
Als Wissenschaftler auf diese Tragödie aufmerksam wurden, hatte man einige Dutzend Arten zu Forschungszwecken nach Europa gebracht. Von den damals importierten Arten gibt es im See inzwischen mehrere Arten gar nicht mehr und die andren nur noch in Restpopulationen. Die Nachkommen dieser Arten schwimmen heute in den Aquarien der Liebhaber. Weitere grö??ere Importe wurden bisher nicht registriert. Das hei??t, dass alle hier lebenden Viktorias relativ selten sind.
Im letzten Jahr mussten leider einige Viktoria-Fans aus beruflichen oder privaten Gründen ihre Zuchten auflösen. Einige Arten wurden an andere Liebhaber weitergegeben, einige verschwanden ganz. Inzwischen ist die Zahl derer, die Viktorias pflegen, arlamierend gering geworden. Und wenn man von 60 - 80 Arten ausgeht, die es früher hiergab, kann man sich ausrechnen, dass viele der Arten in der nächsten Zeit aus unseren Aquarien verschwinden.
Was wir hier wollen:
Wir würden es begrü??en, wenn sich die Halter von Viktorias über PN bei mir melden würden, damit wir einen ungefähren ??berblick darüber bekommen, welche Arten noch gepflegt werden und für welche wir dringend Pfleger suchen müssen.
Au??erdem möchten wir alle Interessierten sofern sie Platz haben ( Becken ab ca. 160 Ltr.) aufrufen, sich an der Erhaltungspflege dieser Tiere zu beteiligen. Selbstverständlich stehe ich gerne mit Rat und Tat zur Seite.
In den nächsten Tagen und Wochen werde ich unter dem Titel "2007, Jahr der Viktoriasee-Cichliden" einiges Wissenswerte über den See, die Arten, die Pflege usw. schreiben.
Solltet ihr Fragen haben, macht bitte einen extra Thread auf, damit dieser hier ein reiner Informationsthread bleibt.
??ber eure Aktivitäten würden wir uns freuen
Kapitel 1: Der Viktoriasee
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Der Viktoriasee ist mit seinen 68 000 km² Ausdehnung ( etwa so gro?? wie Bayern ), einer der grö??ten Seen der Erde. Im Gegensatz zum Malawisee oder dem Tanganjikasee, die ungefähr südlich von ihm liegen ist der See nur bis 82 m tief. In seiner Entwicklungsgeschichte hat er mehrfach seine Form verändert und vor 12000 Jahren war er sogar völlig ausgetrocknet.
Bis heute oder besser gesagt bis zum Ende des letzten Jahrhunderts konnte man über 900 Cichlidenarten im See nachzuweisen.Das bedeutet, dass die Entwicklungsgeschichte von Lebewesen, die man im Allgemeinen mit Hunderttausenden bis Millionen von Jahren veranschlagt , unter bestimmten Umständen viel schneller vonstatten gehen kann.
Von daher ist der Viktoriasee für Naturwissenschaftler äu??erst interessant. Und einige Universitäten haben sich dieser Thematik angenommen und forschen seit den 80er Jahren am See und in ihren Instituten. Dazu gehört auch die Universität in Leiden / NL. Ihr verdanken wir es hauptsächlich, dass wir Aquarianer an Cichliden aus dem See gekommen sind. Denn einen Teil der Tiere, die zu Forschungszwecken in die Universität gelangten, wurden, wenn siie nicht mehr benötigt wurden, Aquarianern zugänglich gemacht in der Hoffnung, dass sie als Aquarienpopulationen erhalten bleiben. Mir wurden sogar Tiere übergeben mit der Ma??gabe, dass ich sie wieder abgeben müsste, fall die Universität sie noch einmal benötigte. Man legte von Seiten der Universität Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den Aquarianern.
Kommerzielle Einfuhren aus dem See sind mir nicht bekannt.
Zu der Zeit, in der sich die Wissenschaftler für das Leben im See interessierten, war das Artensterben schon im vollen Gange. Man hatte sich als Forschungsfeld den Mwanza-Golf ausgesucht, einen südlichen Ausläufer des Sees. Weitere Forschungen fanden im Speke-Golf im südöstlichen Teil des Sees statt. In diesen beiden Gewässerteilen wurden noch eine grö??ere Anzahl verschiedener Cichlidenarten angetroffen, die es in vielen anderen Regionen des Sees schon nicht mehr gab.
Die Forschungen in Leiden gehen ihrem Ende entgegen, an anderen Universitäten, zB. in Japan oder USA wird weiter geforscht.
Kapitel 2: Die Kathastrophen
Zwischen 1950 und 1960 wurden von der Fischereibehörde Kenias Nilbarsche (Lates niloticus) im Viktoriasee ausgesetzt, um die Fischerei effektiver zu machen. Der Nilbarsch, der eine Grö??e von 1, 80 m und ein Gewicht von 200 kg erreichen kann sollte den wirtschaftlichen Aufschwung der Region in die Wege leiten.
Viele Jahre fiel diese Fischart im See nicht weiter auf bis man plötzlich in den 80er Jahren eine explosionsartige Vermehrung des Lates feststellen musste. Im gleichen Ma??e verschwanden aber auch viele der einheimischen Buntbarscharten. Vor allem von den Arten, die für diesen Barsch leicht erreichbar waren, die Bewohner des Freiwassers, überlebten kaum welche.
So haben von über 120 fischfressenden Arten nur knapp fünf überlebt. Die grö??te davon, der Harpagochromis "Orange Rock Hunter" ist aber nur noch an einer einzigen kleineren Felseninsel mit Namen Gabalema Island zu finden.
Auch in viele andere Lebensräume ist der Nilbarsch eingedrungen und hat dort für das Verschwinden der Arten gesorgt. Lediglich an unzugänglichen Felseninseln konnten sich Arten erhalten.
Aber auch diese Lebensräume sind bedroht. Denn hier, wo das Fischen noch Erfolg verspricht, haben sich die Einheimischen auf die Giftfischerei spezialisiert. Und dieser Fangmethode fallen alle Altersstufen der Haplochromiden zum Opfer.
Der Nilbarsch ist für die Einheimischen allerdings nicht zum Segen geworden. Bedingt durch seine Grö??e und Kraft ist es den Seebewohnern kaum möglich, mit ihren einfachen Fischnetzen diese Tiere zu fangen. Gro??e Konzerne haben diese Aufgabe übernommen und fangen mit modernem Fischereigerät in gro??em Stil diesen Barsch.Die Einheimischen arbeiten für die Konzerne, haben aber zu wenig Geld, sich diesen Fisch selbst leisten zu können. Sie müssen von den Fischresten leben, die die Fischfabriken am See nicht verwerten können. Aber auch dafür reicht ihr Einkommen oft nicht.
Der Nilbarsch ist sehr fett und lässt sich nicht, wie die Haplochromiden, einfach an der Sonne trocknen und auf diese Weise haltbar machen. Man muss ihn räuchern Dazu braucht man Brennmaterial. Die Folge davon ist, dass weite Teile des Umlandes abgeholzt und versteppt sind. Dies wiederum bedroht die Existenz der Landbevölkerung.
Keine Bepflanzung mehr bedeutet auch, dass der Boden rund um den See nicht mehr von Wurzelwerk gehalten wird. Und so werden bei kräftigen Regenfällen gro??e Mengen Erdreich in den See gespühlt. Das wiederum macht den See in den ufernäheren Bereichen zu einer fast undurchsichtigen "Brühe". Diese erschwert es den dort lebenden Fischen, den richtigen Fortpflanzungspartner zu finden. Denn schon kurz unterhalb der Wasseroberfläche werden einige Farben des Lichtspektrums von der Wassertrübung geschluckt. Die fortpflanzungswilligen Weibchen erkennen nicht mehr sicher ihre Geschlechtspartner und laichen leicht mit Männchen einer anderen Art ab. So kommt es zu Hybridisierungen oder, wenn man so will, zur Ausbildung neuer Arten.
Das wohl eher unbeabsichtigte Einbringen der Wasserhyazinthe (Eichhornia crassiceps) hatte ebenfalls ungeahnte Folgen. Diese Schwimmpflanze, die eigentlich in Amerika zu Hause ist, vermehrte sich im See zu unglaublich gro??en undurchdringlichen Teppichen, die selbst die Schifffahrt blockierten.
Sie verhinderte den Sauerstoffaustausch des Wassers und sorgte dafür, dass kein Licht auf den Seegrund gelangte. Dies wiederum verhinderte Algenwachstum und damit die Nahrungsgrundlage vieler Organismen im See. Wo diese Teppiche auftraten, starb der See ab. Mittlerweile versucht man, durch die Einbringung eines Käfers, der sich ausschlie??lich von dieser Schwimmpflanze ernährt, dem Wachstum der Wasserhyazinthe Einhalt zu gebieten.
Kapitel 3: Die Lebensräume
Der Viktoriasee bietet viele Lebensräume. Und so konnten sich in den letzten 12000 Jahren sehr viele Arten entwickeln, die sich auf die verschiedenste Weise ihre Nahrung beschafften. Es gab Fischfresser, Pflanzenfresser, Algenschaber, Garnelen-und Krabbenfresser, Insektenfresser, Pädophagen, Schneckenschäler und Schneckensprenger, Schuppenfresser, Parasitenfresser, Detriusfresser, Phytoplankton- und Zooplanktonfresser.
Als inzwischen ausgestorben gelten neben vielen Arten der anderen Gruppen alle Schuppenfresser, Krabben- und Parasitenfresser, die Fischfresser, die meisten Pädophagen und sehr viele Zooplanktonfresser.
Die Felsenküsten
An den felsigen Küsten leben die artenreichsten Cichlidengesellschaften des Sees. ??hnlich den Mbunas des Malawisees ernährten sich viele Arten von dem was auf den Felsen wächst.
Je nach Wassertiefe fand man auf diese Tiefe spezialisierte Arten.
Algenschaber fand man nahe der Wasseroberfläche und in lichtärmeren und tieferen Bereichen Arten, die sich von Moostierchen ernährten, die von den Felsen geschabt wurden.
Zwischen den Gesteinsformationen und in den Felsspalten jagten Insekten- Krabben- und Fischjäger nach Futter.
Die Felsküsten boten aber auch solchen Arten Schutz, die sich rings um die Felsen im offenen Wasser von Plankton ernährten.
Die Hornkrautwiesen
In den ruhigeren Buchten des Sees findet man Horn- und Nixkrautwiesen, die von epiphytischen Algenschabern bewohnt waren. Sie waren durch ihre besondere Bezahnung in der Lage, Algen von den Pflanzen zu schaben und hielten sie dadurch algenfrei.
Andere ernährten sich von den Pflanzen selbst, wieder andere von den Eiern, die Insekten an den Pflanzen ablegten, andere von deren Larven.
Schnecken wurden von Schneckenfressern gefressen.
Diese Fischbestände wurden weniger durch den Nilbarsch als durch ??berfischung und Umweltveränderungen in Mitleidenschaft gezogen.
Die Sandküsten
An den flachen und steiler abfallenden Sandküsten lebten Insektenfresser und Schneckenfresser. Vor allem die in tieferen Regionen lebenden Arten wurden Opfer des Nilbarsches.
Die Schlammböden
In vielen Bereichen des Sees ist der Grund schlammig und reicht teilweise bis ins Flachwasser. Hier lebten Schneckenfresser, Zooplanktonfresser, Garnelenfresser und Parasitenfresser. Durch Einwirkung des Nilbarsches starben ganze trophische Gruppen aus.
Das Freiwasser
Im Freiwasser lebten viele Zooplanktonfresser und Fische, die sich von ihnen ernährten. Von diesen haben kaum Arten überlebt.
Kapitel 4: Die Haltung der Viktoriasee-Cichliden
Entwicklungsgeschichtlich stehen die Arten der Viktoriasee-Cichliden noch sehr eng zusammen. Dies muss man berücksichtigen, wenn man mehrere Arten in einem Aquarium pflegen will. Man sollte unbedingt vermeiden, ähnlich gezeichnete und gefärbte Arten gemeinsam in einem Aquarium zu halten. Es kann dabei leicht zu unerwünschten Hybriden kommen. Aber auch bei sehr unterschiedlich gefärbten Arten kann es vorkommen, dass sich während des Laichvorgangs einer Art ein Männchen einer anderen Art "dazwischen mogelt".
Ich halte grundsätzlich nur jeweils eine Art in einem Aquarium. Einzige Ausnahme: Die Art Astatoreochromis alluaudi ist mit den anderen Arten nur sehr entfernt verwandt und kann deshalb mit ihnen vergesellschaftet werden.
Das Wasser
Die Wasserwerte im Viktoriasee:
pH-Wert 6, 9 - 9, 0
KH 2 - 3
dGH 1 - 8
Temp. 21 ° - 30 °C
Die Leitwert 60 - 145 mS/ m²
Wichtig ist ein regelmä??iger Wasserwechsel von 1/3 der Menge spätestens alle 10 Tage. Ein guter Au??enfilter ist von Nöten. Ein zusätzlicher Schnellfilter ist begrü??enswert.
Wenn man einmal feststellt, dass die Fische lustlos am Boden stehen und man ihr übliches aufgeregtes Schwimmen vermisst, ist es allerhöchste Zeit, einen grö??eren Teilwasserwechel durchzuführen. Dieser Wasserwechsel duldet keinen Aufschub.
Die Ernährung
Obwohl die Cichliden sich im See auf verschiedene Nahrung spezialisiert haben, ist es doch relativ einfach, sie zu ernähren. Ein abwechslungsreiches Futterangebot könnte bestehen aus
Salat, Löwenzahn, Spinat, (alle nicht überbrüht), Zuccini, Salatgurke, Wasserflöhe, Cyclops, Artemia, auch frisch geschlüpfte, schwarze und wei??e Mückenlarven, Krill, Mysis, Fischeier, Krebseier, Fischbrut, Futtersticks, Granulat und Flockenfutter.
Das Aquarium und seine Einrichtung
Für einige Arten genügt schon ein Aquarium von 160 Ltr. Inhalt, viele benöigen aber 200 - 240 Ltr. einige grö??er werdende Arten aber auch erheblich mehr.
Fische des Freiwassers benötigen kaum Dekoration im Becken. Feinkörniger Kies und ein wenig Randbepflanzung ist für diese Arten ausreichend. Ein Stein auf dem Boden als Orientierungspunkt für ein laichbereites Männchen und eine Röhre, in die sich ein brütendes Weibchen zurückziehen kann vervollständigen die Einrichtung.
Für die anderen Arten hat sich bei mir folgende Einrichtung bewährt:
Drei kleinere Steingruppen, die nicht höher als die Hälfte des Beckens sind, verteilen sich so, dass links und rechts im hinteren Teil des Beckens jeweils eine eingebaut wird und die dritte im mittleren Teil weiter vorn. Ein bis zwei Verstecke, in denen sich unterlegene bzw. brütende Tiere zurückziehen können.
Bepflanzt werden kann mit Anubias, Java- oder Kongofarn, Cryptocoryne ballansae, muss aber nicht sein.
Die Besatzdichte
Da ich nur immer eine Art in einem Becken pflege, setze ich davon immer mindestens zehn Tiere zusammen. Die Männchen der meisten Arten sind mehr oder weniger aggressiv zu ihren Artgenossen. Durch die sparsame Einrichtung sehen sich die Männchen fast ständig und die Aggressionen verpuffen so ohne Schaden anzurichten. Darum setze ich bewusst viele Männchen mit wenig Weibchen zusammen. Die Weibchen suchen sich ihren Brutpartner selbst aus. Das bedeutet, dass die Männchen mit ihresgleichen genug zu tun haben und die Weibchen nicht allzu sehr bedrängen.
Von dem Verhältnis 1/4 o.ä. halte ich gar nichts. Hier werden die Weibchen nur gejagt und haben keine Auswahl an Partnern. Au??erdem kommt es zu einer Massenvermehrung dieser Art, was ebenfalls nicht wünschenswert ist. Denn wo soll man den ganzen Nachwuchs lassen?
Die Fortpflanzung
Die Cichliden des Viktoriasees sind Maulbrüter. Die Männchen tragen in der Afterflosse mehrere Eiflecke, die von einem dünnen Kreis umrahmt werden. Manchmal tragen auch die Weibchen Eiflecken. Diese sind aber sehr klein und werden nicht durch Ringe begrenzt.
Das fortpflanzungswillige Männchen verändert seine Farbe, meist zu kräftigeren etwas dunkleren Farbtönen und beginnt, seinen Reviermittelpunkt, der meist hinter einem Stein liegt, heftig gegen jeden zu verteidigen. Einige Arten legen tiefe Laichkuhlen an, andere flache oder gar keine.
Während das Männchen an seiner Kuhle gräbt, dabei aber auch immer die anderen Fische im Auge behält und sie verjagt wenn sie zu nahe kommen, findet er immer wieder Zeit zwischendurch, das oder die laichreifen Weibchen anzubalzen. Nach einer gewisssen Zeit nähert sich ein Weibchen und hält sich in der Nähe der Mulde auf. Während alle anderen Fische weiterhin verjagt werden, bleibt diese Dame unbehelligt. So geht es eine ganze Weile: Buddeln, Jagen, Balzen. Schlie??lich kommt es zur Eiablage. Abgelaicht wird nach der Eifleckmethode, die hier im Forum wohl allgemein bekannt sein dürfte.
Nach dem ablaichen verlässt das Weibchen mit gefülltem Kehlsack den Laichplatz und gesellt sich wieder zu den anderen Tieren ihrer Art, hält aber einen gewissen Abstand. Im Verlauf der Brutzeit findet man sie immer öfter in der Nähe von Pflanzendickichten oder Höhlen, also Versteckmöglichkeiten. Manche Weibchen bilden ein kleines Revier, welches sie gegen alle anderen Fische heftig verteidigen. Hier werden dann später die Jungen abgesetzt und beschützt.
Die Brutpflege wird von den Müttern ausgeführt. Allerdings hat der Wissenschaftler Ole Seehausen einmal beobachten können, dass bei Harpagochromis "Orange Rock Hunter" auch das Männchen bei der Brutpflege aktiv war. Dieses Verhalten konnte ich allerdings bei meinen Orange Rock Hunters nie beobachten, befreundete Züchter ebenfalls nicht. Nach einer Tragzeit von ca. 18 bis 21 Tagen, je nach Art und Wassertemperatur, werden die Jungen entlassen. Sie werden noch wenige Tage im Maul aufgenommen, wenn Gefahr droht. Der Brutpflegetrieb erlischt aber nach einer gewissen Zeit. Die Zeitspanne ist von Art zu Art unterschiedlich. Bei Freiwasser-Cichliden (Yssichromis) beträgt sie nur 2 Tage, bei anderen bis zu drei Wochen. Ich meine, beobachtet zu haben, dass die Zeitspanne der Brutpflege auch mit dem Feinddruck zusammen hängt. Im separaten Brutbecken ist die Brutpflege nicht so intensiv wie im Gesellschaftsbecken. Hier habe ich aber nur genauere Beöbachtungen bei Paralabidochromis chilotes gemacht.
Das Geschlechterverhältnis der Nachkommen hängt eng mit der Wassertemperatur zusammen. Bei einer Temperatur von 25° C ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen, bei höheren Temperaturen entstehen mehr Männchen, bei niedrigeren mehr Weibchen.
Die Zahl der Jungen hängt auch von der Grö??e der Mutter ab. Junge Mütter bringen zunächst 6 - 10 Junge zur Welt, ältere oft mehr als 40.
Jüngere Tiere sind sehr fortpflanzungsaktiv, ältere dagegen kaum noch.
Kapitel 5: Die Arten
Die Cichliden des Viktoriasees gehören, je nach Autor, folgenden Familien an:
Astatoreochromis, Astatotilapia, Haplochromis, Harpagochromis, Labrochromis, Lipochromis, Lithochromis Macropleurodus, Mbipia, Neochromis, Oreochromis, Paralabidochromis, Platytaeniodus, Prognathochromis, Psammochromis, Pseudocrenilabrus, Ptyochromis, Pundamilia, Xystichromis und Yssichromis.
Astatoreochromis
Astatoreochromis alluaudi
Synonym: unbekannt
Fischtyp: Pharyngeal-knackender Schneckenfresser
Vorkommen: Viktoriasee, Edwardsee, Georgsee und andere bewohnt küstennahe Biotope mit Papyrus-und Schilfbeständen, kommt aber auch an Felsenküsten vor. Er lebt in Tiefen zwischen 1m und 5m.
Grö??e: ca. 15 cm
Nahrung: in der Natur ernährt er sich von Schnecken, deren Gehäuse, die er mit seinen starken Zähnen aufknackt.
In Gefangenschaft nimmt er alles gängige Futter, doch sollte man ihm ab und zu Schnecken anbieten.
Haltung: in Aquarien ab 240 Ltr. Einrichtung mit feinkörnigem Bodengrund, einigen Steinen und wiederstandsfähigen hochwüchsigen Pflanzen, wie Cryptocoryne balansae oder Riesenvallisnerien.
Brutdauer/Brutpflege: ca. 18 Tage / ca. 7 Tage
Pfleger: in D-29640 Schneverdingen, 44329 Dortmund, 58511 Lüdenscheid, 58579 Schalksmühle, 64372 Ober-Ramstadt, NL-2171 NS Sassenheim, S- Växjö
Astatotilapia
Astatotilapia nubila
Synonym:
Fischtyp:
Vorkommen:
Grö??e:
Nahrung:
Haltung:
Brutdauer:D
Brutpflege:
Haplochromis
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Nachdem unser Projekt "Arterhaltungsprogramm für Viktoriasee-Cichliden nun ein Jahr läuft wird es Zeit für einen Zwischenbericht:
Im vergangenen Jahr mussten leider, bedingt durch berufliche oder private Veränderungen, einige der "alten" Viktoriacichliden-Pfleger ihr Engagement für diese Tiere aufgeben, was eine große Lücke hinterließ.
Durch unsere Aktion konnten aber viele neue Pfleger gewonnen werden.
Alleine bei mir haben sich über fünfzig neue Pfleger gemeldet und sich mit Tieren eingedeckt. Erfreulich ist dabei, dass die meisten mehr als eine Art pflegen wollten. Viele dieser Viktoria-Fans haben inzwischen selbst ihre Tiere vermehrt und es ist zu wünschen, dass sie ebenfalls Interessierte für ihre NZ finden.
Erfreulich ist auch, dass alle sich ausführlich über die Arten informiert haben bevor sie sich welche zulegten.
Wir haben stabile Kontakte aufgebaut zu Aquarianern in Holland, Belgien, Frankreich, Dänemark, Schweden und Österreich. In Schweden hat sich inzwischen ein Arterhaltungszentrum etabliert, das auch von offizieller Seite finanziell untestützt wird. (die haben es gut!)
Unsere Kontakte reichen bis in die USA, nach Kanada und Russsland, immer auf derr Suche nach Arten, die es bei uns nicht gibt. Dabei mussten wir erkennen, dass es in den anderen Ländern kaum Arten gibt, die es nicht auch bei uns gibt.
Von den Arten, die in den 80er Jahren als erste Arten aus dem Viktoriasee eingeführt wurden und inzwischen als ausgestorben gelten, ist keine mehr vorhanden.
Dafür ist "der Markt" überschwemmt von einigen Arten, z.B. Haplochromis "Thick Skin", die unter verschiedenen Namen immer wieder auftauchen (H.obliquidens, H. Zebra obliquidens u.a.) und angeboten werden. Bei näherer Betrachtung sind solche Tiere oft leider Hybriden.
Die absoluten Favoriten in unseren Becken sind Arten aus der Pundamilia-Gruppe, z.B. Pundamilia nyererei Makobe Island oder Ruti Island. Dicht gefolgt von Paralabidochromis Rock kribensis Makobe Island und Mwanza North.
Viele Arten werden nur von 2 - 3 Pflegern gepflegt und für einige finden sich kaum Pfleger. Wenige Arten, die es evtl. in anderen Ländern noch gibt können nicht eingeführt werden, da es hier keine Pfleger dafür gibt. Denn ein Interessierter will sich die Tiere natürlich erst mal anschauen bevor er sich für eine Pflege entscheidet. Das bedeutet aber, dass zuvor ein anderer diese Tiere erst mal aufnehmen muss. Und daran kann es schon scheitern.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil seine eigenen Kapazitäten erschöpft sind. Ein weiterer Hinderungsgrund sind die permanent steigenden Stromkosten, die einem daran hindern, eben mal ein paar Aquarien mehr aufzustellen.
Die Hochburg für Viktorias ist derzeit in Frankreich, dicht gefolgt von Deutschland. Bei uns werden ca. 60 Arten und Unterarten gepflegt.
Seit kurzer Zeit werden aus den USA neue Importe aus dem Viktoriasee gemeldet. Wie lange es aber dauert, bis die ersten Neuen bei uns angelangt sind steht in den Sternen. Eine Einfuhr aus Übersee ist sehr umständlich und kostenaufwändig. Das ist für einen Privatmann kaum zu schaffen.
Bedauerlicherweise gibt es immer noch kein Buch in deutscher Sprache über die Arten im See.
Ich würde mir wünschen, dass viele der neuen Viki- Pfleger in der Pflege ihrer Tiere einen langen Atem haben und dadurch in Zukunft weiteren interessierten Aquarianern die Chance geben, diese seltenen und schönen Tiere auch einmal pflegen zu können.
Das Arterhaltungsprojekt wird natürlich weiter fortgeführt. Ich bin gespannt, was uns die Zukunft noch bringt-.
Vielen Dank an alle, die sich für unser Projekt, aber auch vor allem für das Überleben der Arten eingesetzt haben.
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Gruß Axel
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